MENTAWAIS

- ein Naturvolk, das im indischen Ozean, auf der westlich von Sumatra liegenden Insel SIBERUT lebt.

Übersicht Mündliche Überlieferung über die Herkunft der Mentawais: Am Anfang der Zeit waren sich Himmel und Erde sehr nahe. Die MENTAWAIS sind vom Himmel auf die Erde gekommen. Später hat sich der Himmel von der Erde immer weiter entfernt und sie konnten nicht mehr in den Himmel zurück. So sind sie auf ihrer Erde Siberut geblieben.

Aman mit Boot Aman hat sich während meiner mehrmonatigen Abwesenheit für seinen Einbaum einen Außenbordmotor zugelegt. Nur - es ist Trockenzeit und der Fluss ein seichtes Bächlein. Wenige Stellen sind befahrbar. So schieben wir den Einbaum mit dem nagelneuen Außenbordmotor die meiste Zeit Richtung Inselinneres. Die Mentawais leben immer in der Nähe von Flüssen - die einzigen Verkehrswege, die ganzjährig benutzbar sind. Speziell während der Regenzeit ist das Laufen in dem morastigem Gelände beinahe unmöglich. In meinem Schlepptau der deutsche Dokumentarfilmer Pauli Hien, dem ich schon einige Male als Kameraassistenten bei Fernsehdokumentationen über den Indonesischen Archipel behilflich war. Geplant ist eine Dokumentation über die Nahrungsbeschaffung des hier lebenden Naturvolkes. Primär ging es uns um die Sagogewinnung, dem Grundnahrungsmittel der Mentawais. (siehe * unten)

ClanhausMeine Kontakte, die ich bei meinem letzten Aufenthalt knüpfte, sollen uns bei unserem Vorhaben nützlich sein. Die erste Anlaufstation ist der Clan (Suku) von Aman, eine zwanzigköpfige Großfamilie, die in einem typischen Clanhaus (Uma) lebt. Das Fällen und Entrinden der Sagopalmen (metroxylon rumphii) ist Männerarbeit. Die Frauen beteiligen sich später, wenn es um das Aufraspeln des Sagomarkes geht. Nach dem Waschen wird das Sagomehl noch für einige Wochen im Wasser gelagert bis es zum Verzehr geeignet ist. In Bambusrohren wird es über dem offenen Feuer zubereitet. Auf diese Weise haltbargemacht, sichert es den Grundnahrungsmittelbedarf auch für karge Zeiten. Das Fischen und Sammeln von Flusskrebsen ist eine Frauendomäne.

Die Familien jagen für den Fleischbedarf endemische Primatenspezies.

Sagoplantage Der Anbau von Früchten und Gemüse ist ein langwieriger und arbeitsintensiver Prozess. Der dafür vorgesehene Teil des Regenwald wird gerodet und nicht wie in tropischen Gebieten üblich durch Brandrodung für den Anbau aufbereitet. Um diese brach liegenden Stellen vor der Hitze und somit vor der Austrocknung zu schützen, werden Bananenstauden als Schattenspender gepflanzt. Über einen Zeitraum von drei Jahren wird die für den Anbau vorgesehene Fläche sich selbst überlassen.

Ab einer bestimmten Verwachsung roden die Mentawais neuerlich, damit die Erde nicht abkühlt. Erst danach beginnt man mit der Bepflanzung. Auf diese Weise wird der Boden akklimatisiert und zumindest für drei Ernten urbar gemacht.

Die traditionellen Häuser der Mentawais bestehen aus drei gleich großen Räumen. Wobei der Erste am Haupteingang als Gemeinschaftsraum dient und den restlichen Zwei die Doppelfunktion von Küche und Schlafraum zukommt. Ich habe mein Zelt gleich im Wohnzimmer von Ama´s Sippe aufgeschlagen. Stechmücken sind nächtens eine Plage und Siberut Island zählt zu einem der berüchtigsten Malariagebiete. Unser Waschplatz ist ein nahegelegener Bach, den ich regelmäßig mit den Hausschweinen des Clans teilen darf. Auch die räudigen, mageren Hund, die für die Jagd gehalten werden, gesellen sich gerne dazu. Abwechslung ist in dieser abgelegenen Gegend immer willkommen - nicht nur für die hier lebenden Menschen.

Tokapi der Clanführer von der Nachbarsippe hat sich zu einem Besuch eingefunden. Außer seinem Lendenschurz aus Rinde trägt er noch das hier übliche Tattookostüm. Neue Einflüsse wie das christliche Kreuz erweitern das Repertoire an Tattoomotiven. Auch Naturvölker gehen mit der Zeit. Es ist Mittag. Die ganze Familie versammelt sich um die am Boden drapierten Holzteller. Gefüllt mit Sago, Taro (Colocasia esculente), Casava (Manihot esculanta) und Süßkartoffel (Pomoea batates) sowie schon leicht vergammelten Flussfische. Jeder der Anwesenden greift frisch und fröhlich mit den Händen in die Schüsseln und holt sich seinen Anteil heraus. Auch die Hunde und Katzen mischen ordentlich mit. Vertreiben ist sinnlos. Fischgräten und sonstiges nicht Essbares wird durch die Ritzen des Bodens der Pfahlbauten geworfen wo die Schweine, die darunter leben schon sehnsüchtig darauf warten. Danach verstreut sich die ganze Sippe wieder gleichmäßig im Busch um ihren Tätigkeiten nachzugehen. Ich gehe mit. Bin schließlich nicht auf Urlaub hier - habe auch zu tun.

Mehr zu den MENTAWAIS unter www.perc.at

*) Naturparadies Sumatra
Folge 1: Leben im Urwald
Folge 2: Zwischen Ursprung und Moderne
Erstausstrahlung auf 3sat -Dezember 2001

Danksagung:

Ich bedanke mich bei Margareta Keiblinger (Wien) für die grammatikalische Hilfe bei der Durchsicht des Manuskripts. Sowie bei Pauli Hien (Pilling) der mich im Laufe der Jahre durch so manchen Sumpf begleitete.

Franz Perc.